Heute erzähle ich Euch wieder mal eine Fisch-Geschichte aus meiner Kindheit. Die betrifft eigentlich nicht mich, sondern meine kleine jüngere Schwester. Meine Schwester mochte ganz viele Dinge nicht: unter anderem keinen Lauch, kein Sauerkraut, keinen Sellerie, keine Salzkartoffeln, keinen Lattich - und keinen Fisch! Das heisst, fast bei jeder Mahlzeit gab es Gemecker: «Hani nid gärn!» («mag ich nicht»), war der Standardsatz bei Tisch. Meine Mutter kümmerte das eigentlich nicht gross. Es wurde gegessen, was auf den Tisch kommt - meinte meine Mutter. Denn meine Schwester sass jeweils so lange vor ihren Salzkartoffeln, bis alle vom Tisch aufstanden und wieder an die Arbeit/zur Schule gingen, dann schob sie die Kartoffeln langsam unter den Tisch, wo bereits unser Hund wartete.
Die heutige Geschichte spielte aber in der Zeit, bevor wir einen Hund hatten. Wie gesagt, die kleine Hennenschwester mochte keinen Fisch. Das Gemecker war jeweils gross, wenn Fisch auf den Tisch kam. Meine Mutter war schon soweit, dass sie dachte, das kleinste Hennenkind motzt einfach aus lauter Gewohnheit bei Fisch und kam deshalb auf eine - vermeintlich - geniale Idee.
Hennenschwester (zartes Alter von etwa drei Jahren): Was gibt es heute Mittag?
Hennenmutter: Heute gibt es etwas ganz Tolles.
Hennenschwester: Was denn, sag!
Hennenmutter: Heute gibt es Kamel!
Hennenschwester: KAMEL????? Woher hast Du das Kamel?
Hennemutter: Gekauft beim Metzger Weber.
Hennenschwester: Mag ich Kamel?
Hennemutter: Ganz sicher magst Du das. Alle Kinder mögen Kamel!
Hennenschwester vorne links, Wilde Henne hinten links, rechts zwei Cousins von uns
Hennenmutter verschwindet in der Küche und beginnt zu kochen. Die Fischfilets werden gebraten, Salzkartoffel gekocht, Salat geputzt, Tisch gedeckt - Hände waschen, ESSEN!
Die Hennemutter schöpft allen Fisch auf den Teller, Kartoffeln und Salat dazu - guten Appetit. Die Hennenschwester guckt skeptisch auf den Teller.
«Ist das jetzt das Kamel» - «Jawohl, probier mal.» Die Hennenschwester schaufelt sich ein Stückchen Fisch Kamel auf die Gabel, probiert, schnappt dreimal nach Luft, Tränen treten in die aufgerissenen Augen und sie stammelt ganz entsetzt: «Aa-aa-aber... *schluchz*... ich ma-aa-ag das Kamel ni-hicht, das Kamel schmeckt wie FIIIISSSCHHHHH!» *heeeeeul*
Heute hat niemand geheult. Heute gab es bei uns Forelle in Fenchel-Salzkruste. Das Rezept für den Fisch habe ich bei Swissmilk gefunden. Dazu gab es eine mit Pastis pafumierte Hollandaise, Fenchelgemüse und Salzkartoffeln. Das mochten alle, ich musste niemandem ein Kamel für einen Fisch vormachen.
Für 4 Personen
Forelle in Fenchel-Salzkruste
3 bis 4 Forellen (je nach Grösse)
1 kg Salz
3 Esslöffel Fenchelsamen, im Mörser leicht angestossen
2 Eiweiss
weisser Pfeffer
1 Zitrone
ein paar Petersilienstängel
Pastis-Hollandaise
Fischköpfe von den Forellen
1 kleine Schalotte, halbiert
ein paar Petersilienstängel
Fenchelabschnitte
1 Espressolöffel Fenchelsamen
10 Pfefferkörner
1 Lorbeerblatt
1 Gewürznelke
2 dl Weisswein
Salz
ca. 4 cl Pastis
1 Spritzer Zitronensaft
150 g kalte Butter
1 bis 2 Eigelb (je nach Grösse)
Die Forellen innen und aussen waschen und trockentupfen. Die Köpfe mit einem scharfen Messer abtrennen (nicht wegschmeissen, die brauchen wir für die Sauce). Die Fische innen mit weissem Pfeffer bestreuen. Zitronen in Scheiben schneiden und zusammen mit den Petersilienstängeln in die Fischbäuche legen. Die Fenchelsamen mit dem Salz und den zwei verquirlten Eiweiss vermischen. Ein Stück Backpapier auf ein Kuchenblech legen, die Hälfte des Salzgemisches darauf verteilen, die Forellen eng nebeneinander auf das Salz legen und mit dem restlichen Salzgemisch bedecken und andrücken. Ich hatte meine Fische bei 200 Grad ca. 40 Minuten im Ofen, zweite Schiebeleiste von unten.
Für die Sauce alle Zutaten bis und mit Weisswein in einen kleinen Topf geben und ca. 20 Minuten bei geschlossenem Deckel köcheln lassen, zum Schluss salzen. Fischsud durch ein Sieb giessen. Von dem Sud brauchen wir ca. die Hälfte, die andere Hälfte habe ich in einen Eiswürfelbeutel abgefüllt und eingefroren. Jetzt den Fischsud wieder aufkochen und bis auf einen Esslöffel einreduzieren lassen, dann den Pastis und den Zitronensaft dazu geben, nochmals aufkochen, dann den Topf vom Herd ziehen. Mit einem Schneebesen das Eigelb in den Fischsud rühren und jetzt stückchenweise die kalte Butter beifügen. Ich stelle den Topf immer wieder auf die heisse Herdplatte zurück und ziehe ihn wieder weg, wenn es zu heiss werden droht. Die Sauce darf nicht zu heiss werden, sonst gerinnt sie.
Eigentlich macht man ja eine Hollandaise über dem Wasserbad, das funzt bei mir nie. Ich kann das besser direkt auf dem Herd.
Jetzt den Fisch aus dem Ofen holen, die Salzkruste mit einem grossen Löffel wegschlagen, die Haut von den Fischen lösen, dann die Forellen filetieren und auf vorgewärmten Tellern anrichten. Mit der Sauce, gedünstetem Fenchel und Salzkartoffeln servieren. Unverwechselbar Fisch und nicht Kamel!