Samstag, 1. November 2014

Urlaub in Westfalen - Zechentürme im Ruhrpott





Zeche Radbod



Zeche Minister Stein, Dortmund




Deutsches Bergbaumuseum, Bochum

Wir haben geurlaubt: Wir sind gute zehn Tage durch Westfalen getourt. Eine Gegend, die ich bislang nur aus den Medien kannte - Bücher, Zeitschriften, Dokumentarfilme - die mich aber immer sehr faszinierte. Münsterland, Sauerland, Ruhrpott... schon die Namen sind für einen Schweizer faszinierend. Uns Schweizer Kindern der 60er Jahre hatte man beigebracht, dass die Kinder aus dem Pott furchtbar leiden, weil die Luft dort so dreckig sei. Die Pott-Kinder wurden in die Schweizer Berge verschickt, damit sie auch mal saubere Luft atmen konnten. Mein Begleiter hat mir dann auf der Reise durch das Land seiner Kindheit erzählt, dass man früher im Pott sehen konnte, was man atmete. Wäsche raushängen war nix, innerhalb kürzester Zeit war schwarzer Russ auf der weissen Wäsche.
Heute ist das nicht mehr so. Wir tingelten durch den Pott bei strahlendem Herbstwetter, der Himmel war blau und von Smog war nichts zu sehen. Wir sahen Wäsche draussen, Kinder die nicht husteten, die Zechen (Steinkohle) sind still gelegt und die riesigen Steinkohlekraftwerke verfügen über Filteranlagen. Aber trotz Filteranlagen stellen diese Kohlekraftwerke auch heute noch ein Umweltproblem dar. Das Steinkohlekraftwerk Bergkamen z.B. gehört zu den 10 grössten Kohlekraftwerken in Deutschland und verbraucht pro produzierte Gigawattstunde rund 341 t Kohle,  stösst dabei rund 894 t Kohlendioxid, 0,6 t Stickoxid und etwa gleichviel Schwefeloxide aus. Feinstaub aus der Verbrennung der Kohle gelangt in die Luft, pro Jahr in Bergkamen rund 3 Mio. Tonnen (alle Zahlen von 2010/2011).
Die 23 grössten Kohlekraftwerke (9 Braun- und 14 Steinkohle) sind in Deutschland für 25% aller Treibhausgasemissionen verantwortlich sowie für 20% der Schwefeldioxide, 10% der Stickstoffoxide und 44% der Quecksilberemissionen.*

Die folgenden Bilder sind vom Gersteinwerk in Stockum, einem Stadtteil von Werne. Dieses Werk ist kein reines Kohlekraftwerk sondern eine Kombi aus Gas und Steinkohle.




Gersteinwerk Stockum/Werne

11 Kommentare:

  1. Ich finde diese Industriearchitektur faszinierend - und irgendwie auch schön. Ich bin ja auch in einer Art Idylle aufgewachsen..

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    1. Mich fasziniert Industriearchitektur auch - und im Ruhrgebiet sind die Industrieanlagen halt riesig. Sowas kenn ich hier im Emmental halt grad gar nicht - hier gibt es nur Kühe, Bauernhöfe und ab und an eine Schreinerei. ;-)

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  2. Ich bin zwar auch recht idyllisch aufgewachsen, aber mit "Industrieromantik" kann ich dennoch nicht so wirklich viel anfangen, irgendwie gefällt mir Landschaft pur besser.

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    1. Auch das Ruhrgebiet ist Landschaft "pur". Man muss es mit den richtigen Augen sehen. Es ist sogar eine spannende Landschaft. Hier eine Arbeitersiedlung, dort Hochöfen und Fördertürme und plötzlich steht man mitten in bäuerlicher Umgebung. Dazu kommen die Menschen, die im Laufe der letzten 150 Jahre zugezogen sind. Sie kamen aus allen Richtungen, hauptsächlich aber aus dem Osten, später auch aus fernen Ländern. Niemand wurde ausgegrenzt und bald war ein neues Konglomerat geschaffen, wie es wohl einmalig ist. Menschen, die stolz sind, "Pöttler" zu sein. Man redet miteinander, immer - auch wenn man sich nicht oder kaum kennt. Das Gespräch ist wichtig. Man feiert zusammen - kein Problem mit Unbekannten. Und man trifft sich da, wo das Ruhrgebiet "grün" ist. Dortmund, Bochum, Essen: fast die Hälfte der Stadtgebiete sind Grünflächen.
      Liebe Kochpoetin, ich würde gerne mit Dir, Herrn H. und der Wilden Henne durchs Revier fahren, um Dir die versteckten Schönheiten zu zeigen.
      Toettchen

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    2. Landschaft pur mag ich natürlich auch, Kochpoetin. Aber die Mischung aus bäuerlicher Umgebung und Industrie im Ruhrgebiet hat mich sehr fasziniert. Es ist ja auch nicht so, dass die Industrie nur am Rande der Städte in hässlichen Industriezonen angesiedelt ist. Nein, da ist eine Mischung, aus Wohnsiedlungen, Industrie, und gleich daneben ein Bauernhof mit Kühen auf der Weide, ehemalige Zechen mitten in der Stadt, Kraftwerke direkt neben der Wohnsiedlung und der Schule. Es war diese Mischung, die die Gegend für mich faszinierend machte.
      Und wie Toettchen auch schreibt, so wie die Landschaft ist, so sind auch die Menschen. Menschen aus vielen unterschiedlichen Kulturen - eine bunte Mischung. Spannend.

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  3. Die genialste Ausstellung meines Lebens habe ich in der Zeche Zollverein gesehen. Ich weiß gar nicht, ob das eine Dauerausstellung ist? Alles über den Ruhrpott, aber wirklich alles: Zahlen, Daten, Pflanzen, Essen, die Sprache, Gesichter - einmal quer durch alles. Und so eine wunderbare Zusammenstellung!

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    1. Die Zeche Zollverein haben wir dieses Mal nicht besucht, aber die nächste Reise ins Ruhrgebiet ist bereits geplant. Es gibt noch so viel zu sehen.

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  4. ich bin ein Fan von Industriearchitektur. Und wenn wir Urlaub in einer Hafenstadt machen sind wir zuerst beim Industriehafen, weil uns das total fasziniert! Schöne Fotos!

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    1. Oh ja, Hafenanlagen mag ich auch sehr. Ich mach ja auch überall immer Hafenrundfahrten mit. In Hamburg z.B. gibt es die normalen Hafenrundfahrten und dann noch die alternaitve Hafenrundfahrt. Da wird dann nicht einfach mit grossen Zahlen rumgeworfen und alles als Super-Giga-Wunderbar dargestellt, sondern da kommen dann auch Themen auf, wie z.B. Ausbeutung der dritten Welt, wer verdient auf Kosten vom wem ganz viel Geld, Menschenhandel, Schmuggel, Frauenausbeutung, etc. (www.hafengruppe-hamburg.de/RundfahrtThemen.php).

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  5. Ach, das sind herrliche Bilder! Auch wenn ich schon sehr lange im Münsterland lebe, bin ich mit diesen Zechentürmen groß geworden. Ganz eindeutig sind dort meine Wurzeln und obwohl ich jetzt hier so überaus ländlich reizvoll lebe, bin ich stolz darauf.

    In unmittelbarer Nähe vom Gersteinwerk liegt das Naturschutzgebiet Tibaum. Wir gehen sehr gerne spazieren dort.

    Liebe Grüße aus Werne, Monika

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    1. Es gibt noch viel zu sehen in Westfalen. Beim nächsten Urlaub möchte ich den Schwerpunkt auf den Bergbau und die Industrie richten. Das ist für mich ein ganz spannendes Thema.

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