Mittwoch, 10. Juli 2013

Gâteau Saint-Honoré zum Hochzeitstag


Heute sind meine Eltern 49 Jahre verheiratet. Schon verrückt, gell. Man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen: Neunundvierzig Jahre... 49 Jahre Höhen und Tiefen, Freude und Leid, Lustiges und Trauriges miteinander durchlebt. Sie haben zusammen gearbeitet, ein Haus umgebaut, zwei Junghühner aufgezogen, sind gemeinsam in die gleiche Richtung gegangen. Klar gab es Auseinandersetzungen, auch Krisen und all den Scheiss, den es halt so gibt in einer Beziehung. Aber im Endeffekt haben sich beide immer wieder auf das Gemeinsame besonnen. Dafür war und bin ich Ihnen heute noch dankbar.

Hochzeit der Henneneltern.

Eines aber haben meine Eltern all die Jahre immer wieder vergessen: ihren Hochzeitstag. Meist so eine Woche hinterher sagte eines von beiden: «Sag mal, was haben wir heute eigentlich für ein Datum...» Und dann Gelächter: «Wir haben den Hochzeitstag schon wieder vergessen, der wäre letzte Woche gewesen!»

Heute seit 49 Jahren verheiratet.

Den 25. Hochzeitstag hätten meine Eltern damals glatt auch wieder versemmelt: Voll der Stress im Job (Heimleiter in einem Altersheim) und grad gar keine Zeit, um an sowas «Profanes» wie einen Hochzeitstag zu denken. Aber ich hatte dran gedacht und meinen Eltern verboten, in die Wohnung zu kommen (Dienstwohnung um Altersheim). Ich hatte am Nachmittag extra frei genommen und die Küche mit Beschlag belegt. Gut, dass meine Mutter an dem Tag soviel um die Ohren hatte, dass sie gar nicht nachgefragt hat, was ich da eigentlich mache. Somit hatte ich meine Ruhe und die brauchte ich auch. Denn ich bastelte die erste Torte meines Lebens - einen Gâteau Saint-Honoré. Ich weiss bis heute nicht, wie ich es damals in einem halben Tag geschafft hatte, die Torte zu basteln und dazu noch ein mehrgängiges Abendessen hinzulegen - ich war damals grad mal 23. Jedenfalls hatte alles geklappt und mein Vater hatte damals die Torte über den Klee gerühmt. Seither hatte ich sie leider nie wieder gemacht bis jetzt.

1964 vor der Schweizer Botschaft in Teheran

Und es werden nicht wieder fast 25 Jahre vergehen, bis es die Torte wieder gibt, das weiss ich. Denn dafür liebe ich Windbeutel, diese mit Luft und luftiger Crème gefüllten Dinger zu sehr.

Rezept für eine Torte mit ca. 24 cm Durchmesser
Brandteig für die Windbeutel
3 dl Milch
80 g Butter
1,5 Esslöffel Zucker
1/4 Teelöffel Salz
1 Prise Muskat
150 g Mehl
3 Eier
100 g Butterblätterteig

Crème für die Füllung
1 Vanilleschote
3 dl Milch
60 g Zucker
4 Eigelb
3 Blatt Gelatine
3 Eiweiss
2 dl Rahm

Caramel
100 g Zucker
1,25 dl Wasser

Himbeeren zur Deko

Brandteig
In einem flachen Topf Milch mit der Butter, dem Salz, Zucker und Muskat aufkochen. Dann das Mehl dazu geben und dabei ständig rühren, auf kleinem Feuer ca. 3 bis 5 Minuten abbrennen. Das ergibt einen dicken Teig, der sich vom Topfboden löst und total mühsam im Schneebesen hängt. Topf vom Herd nehmen, den Teig aus dem Schneebesen klopfen und ca. 10 Minuten etwas auskühlen lassen. Jetzt die Eier eins nach dem andern unter den Teig rühren.
Den Blätterteig auswallen und eine runde Form von ca. 24 cm Durchmesser ausschneiden (habe ich mit einem Topfdeckel und einem Pizzarad gemacht). Ein grosses Kuchenblech mit Backpapier auslegen, die Teigplatte auf das Papier legen und mehrfach mit einer Gabel anstechen.
Den Brandteig in einen Spritzbeutel mit grosser Sterntülle geben und auf den Blätterteig einen Rand aufspritzen, der ca. 2 cm hoch sein sollte.
Mit dem Rest des Brandteiges kleine Windbeutel spritzen. Das Blech in den auf 200 Grad vorgeheizten Ofen schieben (zweite Schiebeleiste von unten), backen ca. 20 Minuten. Dann die Windbeutel und den Boden auf einem Gitter auskühlen lassen.


Crème
Für die Crème die Milch mit der ausgekratzten Vanille-Schote und dem Zucker aufkochen. Die Eigelb in eine Schüssel geben. Die heisse Milch dann langsam unter ständigem Rühren zu den Eiern giessen. Nun die Eier-Milch-Geschichte zurück in den Topf geben und diesen zurück auf den Herd stellen. Bei schwachem Feuer solange rühren, bis die Crème anfängt zu binden (nicht kochen!). Die Gelatineblätter in kaltem Wasser einweichen, wenn sie schön labbrig sind, ausdrücken und in die heisse Crème rühren. Crème vollständig auskühlen lassen.
Eiweiss zu Schnee und den Rahm steif schlagen. Eiweiss und die Hälfte des Rahms unter die ausgekühlte Crème heben.
Die Windbeutel mit einer Schere aufschneiden und jeden Windbeutel mit der Crème füllen. Die restliche Crème auf den Tortenboden streichen.

Caramel
In einem Topf den Zucker caramelisieren, das Wasser beifügen und anschliessend gute 5 Minuten kochen lassen, bis sich ein dickflüssiger Sirup bildet. Die Windbeutel kopfüber in den Caramel tauchen. Anschliessend auf die Crème setzen.

Finish
Die restliche Sahne in einen Spritzbeutel geben und zwischen die Windbeutel weisse Sahnetupfer setzen. Himbeeren dekorativ auf dem Kuchen zwischen die Sahne verteilen.
Torte mind. eine Stunde kühl stellen.


16 Kommentare:

  1. Wow, das ist aber ein hübsches Kunstwerk zum Hochzeitstag :-)
    49 Jahre, das ist ja schon eine lange Zeit, schön!
    Und herzlichen Glückwunsch auch von mir unbekannterweise.

    AntwortenLöschen
  2. Da hast Du ja was Tolles zusammengebastelt.
    Und natürlich herzlichen Glückwunsch ..... so eine stolze Zahl schaffen heute nicht mehr viele Menschen....

    AntwortenLöschen
  3. Höhen und Tiefen, tja so geht es... auch von mir einen herzlichen Glückwunsch an deine Eltern! Und die Honoré - ein Traum, steht auch ganz oben auf meiner Backwunschliste, bislang noch nicht in Angriff genommen, weil sie sich so schlecht verkleinern läßt, aber Ende Juli hat meine Oma Geburtstag. :-)

    AntwortenLöschen
  4. Die Torte ist wunderschön - ein Liebesbeweis für die Eltern vom Feinsten. Und die Hochzeitsfotos sind so modern, kaum zu glauben dass das fast 50 Jahre her ist!

    AntwortenLöschen
  5. Du bist bewundernswert, dass du den Hochzeitstag deiner Eltern weißt - ich vergesse sogar meistens den eigenen. Und die Torte, die ist ein Traum!

    AntwortenLöschen
  6. Liebe Henne, damit übertriffst Du Dich selbst wieder einmal. Torte, Rezept und natürlich der Anlass: Fantstisch!
    Liebe Grüsse und Gratulation aus Zürich,
    Andy
    PS. dbEva und ich haben grad 8888 Tage Zusammensein gefeiert, dürfen wir für ein Stück Saint-Honoré anstehen? ;-)

    AntwortenLöschen
  7. ein Kunstwerk, wirklich ein Kunstwerk. Als ich diese Torte das erste mal als Foto im "Großen Pelleprat" sah, dachte ich, die musst Du unbedingt backen. Das ist fast 40 Jahre her und nie realisiert worden. Gockeline, Du bist schon Spitze!

    AntwortenLöschen
  8. Wow! Ich bin sprachlos! Sieht das gut aus! Ich liebe auch die Windbeutel. Die Idee mit dem Karamell ist ja super. Das ist ja so ein Hingucker. Schleck. Da werden sie sich aber sicher gefreut haben. wie Du aber die gefrorenen Himbeeren bis zum Foto bei der Wärme noch so schön auf das Foto bekommen hast, ist eine Meisterleistung.

    LG Anna

    AntwortenLöschen
  9. @Britta
    Wie ich meine Eltern kenne, vergessen die nächstes Jahr ihre goldene Hochzeit.
    @Magentratzerl
    Abgesehen von den Scheidungsraten liegt es natürlich auch daran, dass heutzutage die Leute erst viel später heiraten.
    @Kochpoetin
    Ich würde das Rezept gar nicht verkleinern, sondern aus dem Brandteig einfach weitere Windbeutel machen, diese mit der Crème füllen und so gefüllt einfrieren. Zum Auftauen, die Windbeutel eine halbe Stunde vor dem Essen rausnehmen. Dann ist der Brandteig zwar aufgetaut, die Crème innendrinn aber noch gefroren. Das schmeckt ganz gut. Habe ich auch schon gemacht.
    @Ilse
    Die Fotos sind schön - gell!
    @Turbohausfrau
    Hätte ich einen zum feiern, ich würde ihn wahrscheinlich auch jedesmal vergessen ;-)
    @Lieberlecker
    Für Dich und dbEva gibt's auf jeden Fall ein Stück. 8888 Tage... coole Zahl :-)
    @Toettchen
    Zum Thema Brandteig: Bei mir stehen kurzum Éclairs auf dem Programm - aber nicht selbstgemachte. Nächsten Dienstag, sobald ich über die Grenze im Elsass bin, brauche ich in der ersten Bäckerei ein schön gekühltes Éclair ;-)
    @Anna Purna
    Ich gestehe, dass ich die Torte bereits vor vier Wochen gemacht habe - da war es draussen kalt und grauslig :-)

    AntwortenLöschen
  10. Liebes Federvieh, die Torte ist grandios, da kann ich als Nichtbäckerin Dich nur aufs höchste bewundern. Und wage blos nicht mehr zu behaupten, Du könntest nicht backen.
    Grandios finde ich auch Toettchens Namen für Dich: Gockeline.... schööööön! ;-)

    AntwortenLöschen
  11. Ofechüechli- Rolls Royce! So geil! Gruss Bea

    AntwortenLöschen
  12. Also dafür,
    dass Du lange Zeit tiefgestapelt hast, mit der Aussage, Backen sei nicht Dein Ding, könnte der Kuchen ja wohl kaum perfekter sein...
    Alle Achtung!

    Liebe Grüße, Peter

    AntwortenLöschen
  13. @Elsässerli
    Wenn Du mich mal besuchst, kriegst Du so eine Torte - versprochen! Tja, die Gockeline...
    @Bea
    Jepp, das ist wirklich ein Ofenchüechli-Rolls-Royce.
    @Aus meinem Kochtopf
    Ich sag auch nie wieder, dass ich nicht backen kann - versprochen. Obwohl, wenn ich die Kreationen Deiner Holden anschaue, da kann ich einpacken dagegen.

    AntwortenLöschen
  14. Was eine hübsche Braut! Und natürlich auch: was eine tolle Torte!

    AntwortenLöschen
  15. @Grain de sel
    Eine schöne Torte für ein schönes Brautpaar - so soll es sein!

    AntwortenLöschen
  16. Zur weiteren Information an alle Blog-Leserinnen und Leser: Es sind nun 12 Tage her, dass wir unseren Hochzeitstag wie jedes Jahr wieder vergessen haben. Unsere ältere Tochter ist wie versessen drauf, dass so was ja nicht unter den Tisch gewischt wird. Und mit dem Gâteau St. Honoré hat sie natürlich den Vogel abgeschossen. Nach diesem Kunstwerk kann es uns wirklich nicht mehr passieren, und ich schwör's, dass bis zum EISERNEN nichts mehr schief laufen wird.

    Dem lieberlecker Gratulation zu 24,35068493150685 Jahre ausharren! "Chapeau"

    Übrigens, wir waren das erste CH-Paar, das in Persien geheiratet hat seit dort eine Botschaft errichtet wurde. Ich möchte aber niemandem raten es uns gleich zu tun. Damals regierte noch der Schah. Das Dasein war etwas liberaler zu bewerkstelligen als unter dem heutigen Regime. Dennoch; zum heiraten brauchte ich einen Auszug aus dem CH-Strafregister, ein Taufschein???, den Heimatschein, ein ärztliches Zeugnis mit der Bestätigung, dass ich keine Geschlechtskrankheit habe, die schriftliche Einwilligung meines Schwiegervaters, dass seine noch nicht 20-jährige Tochter in den Ehestand treten kann, und 5 (in Worten fünf) Trauzeugen, worunter keine Frau sein durfte. - Dies alles zu beschaffen war zu jener Zeit, da noch kein Computer im Umlauf war und Internet noch als Fremdwort galt, ein Unterfangen das man sich gut überlegen musste. Wir hatten es uns gut überlegt und schworen uns, nach diesem Aufwand nichts zwischen uns kommen zu lassen. Und siehe da, es hält noch heute.

    Kleine Bemerkung zum CH-Strafregister: Da wusste ja niemand, dass ich früher mal in West-Africa für kurze Zeit im Gefängnis war.

    Wir heirateten in einer französischen Kirche. Zu Beginn kam ein Theraner - Standesbeamter (ein Muslim) mit einem riesigen Buch worin er von rechts nach links einen wortreichen Eintrag in Farsi mit Feder und Tinte machte. (Bei uns müsste heute von Gesetzes wegen ein Dolmetscher her). Er erklärte uns nicht einmal was er nun geschrieben habe. Zur Sicherheit fragte ich ihn, ob wir nicht etwa unser Todesurteil unterschreiben werden. Er war jeglichem Humor zugetan und er, meine Frau, ich und die fünf Zeugen unterschrieben.

    Dann gab es eine kirchlich Trauung. Anschliessend fuhren wir in die CH-Botschaft, wo der Vize ein Cocktail-Buffet für ca. 30 Gäste hatte herrichten lassen. Alles ging auf Kosten des Steuerzahlers, da es vorher sowas noch nie gegeben hatte.

    Und jetzt hat unsere Tochter quasi unsere Hochzeitstorte kreiert. Auch "Chapeau" Danke!

    AntwortenLöschen

Ich freue mich über jeden Kommentar, auch über kritische Anmerkungen. Rassistische und beleidigende Kommentare werden jedoch gelöscht.